Mittwoch, 3. April 2013

Menschenzoo oder Ethno Tourismus?

2.1. – 12.1.2013 Höhe: 350 m  - 1.515 m große Runde in Nordthailand, bei den Langhalsfrauen

 
Traumhafte Landschaft.

 Jetzt schlagen wir einen hacken gen Nordwesten. Zuerst geht es noch relativ gerade durch die Ebene bevor wir unzählige Kurven in Richtung Myanmar zu bestehen haben. Wieder entdecken wir auf der Karte etwas Spannendes. Ein Dorf der Padaung liegt nicht weit von unserer geplanten Route entfernt.
Wir haben darüber verschiedenes gelesen. Dieses Bergvolk ist in Südost Myanmar eine Minderheit und hat immer wieder, wie auch andere Minderheiten, unter den Angriffen der Soldaten in Myanmar zu leiden. Es sind Flüchtlinge die seit den 1980er Jahren beim Nachbarn Thailand Schutz suchen. Die meisten Flüchtlinge leben in UNHCR Flüchtlingslager wo sie keinerlei Möglichkeiten haben einer Beschäftigung nach zu gehen.
Hütten der Padaung.

Die Padaung sind aber wegen ihrem besonderen Halsschmuck bekannt geworden. Mit Messing Manschetten, die aus der ferne wie Messingringe aussehen, werden optisch die Hälse der Frauen scheinbar verlängert. In Wirklichkeit drückt das hohe Gewicht der Manschette den Nacken immer weiter ein, so dass optisch ein langer Hals entsteht. Im Laufe der Jahre wird diese Manschette immer weiter verlängert, so dass bereits ab Kindesalter der lange Hals erzeugt wirkt.
Selbst die Kleinsten tragen den glänzenden Halsschmuck.


 
Wir durften eine Manschette in die Hand nehmen. Wow, ist die schwer.  
 
Inzwischen gibt es ca. 8 Schaudörfer, wo Touristen die Langhalsfrauen besuchen können. Gegen einen Eintritt darf man frei in den Dörfern sich bewegen. Wer genau das Geld bekommt ist ein Geheimnis, jedoch ist klar, dass die Padaung am wenigsten davon abbekommen. Angeblich bekommen die Frauen am Tag 30 € für den Souvenirstand und die Männer eine Reisunterstützung im Wert von 5 €.
 
Da sind verschiedene Konflikte vorprogrammiert. Die Padaung waren in Myanmar als Terrassenbaumeister bekannt. Jetzt stehen die Frauen im Fokus und die Männer haben keine Aufgabe mehr, sie haben Minderwertigkeitsgefühle. Andere Minderheiten hingegen werfen den Padaung ein schnorrerhaftes Verhalten vor.

Wir haben lange überlegt, ob ein Besuch das System „Menschenzoo“ unterstützt oder evtl. wir den Menschen dort ein Gehör und dann nach Außen eine Stimme geben können, in dem wir von unseren Erlebnissen und direkten Gesprächen berichten.  Eine große Motivation für unsere Reisen ist immer, gängige Vorurteile bzw. Missstände nach Möglichkeit selbst zu sehen, zu überprüfen und ein eigenes Bild zu machen. Meist mussten wir westliche bzw. persönliche Vorurteile über Bord werfen.
 
Schlussendlich fahren wir hin, zahlen einen Eintritt und sind gespannt was wir sehen werden. Nach einer kurzen Wanderung erreichen wir die Dörfer. Die Hütten sind aus Bambus die Wege naturbelassen.
In vielen kleinen Ständen verkaufen die Padaung selbst gewebte Stoffe und Tücher.

 
 
Als wir auf dem Weg zum Dorf an Verkaufsständen vorbei kommen, haben wir das Gefühl, dass die Frauen erst ihre Trachten zurechtrücken als sie und kommen sehen. Die jungen Damen legen ganz hektisch ihre Handys auf die Seite.

Im Dorf sitzen einige Frauen an Webstühlen oder kümmern sich um die Ernte. Alle haben ihre Trachten und natürlich den Halsschmuck an.


Wir sind die einzigen Besucher im Augenblick, die Frauen freuen sich offensichtlich über unseren Besuch. Irgendwie trauen wir uns nicht die Einwohner um Fotoerlaubnis zu bitten, wir kommen uns komisch vor. Die meisten sprechen überraschenderweise gut Englisch und so kommen wir leicht mit den Frauen ins Gespräch. Sie erzählen uns von ihrem Alltag und wir fragen sie auch vorsichtig wie die Situation in Myanmar und den Flüchtlingslagern ist und wie sie sich hier fühlen. Sie sagen, dass es in diesem Vorzeigedorf ihnen besser geht als im Lager, da sie hier eine Aufgabe haben und etwas Geld verdienen können. Im Flüchtlingslager, wo viele Menschen eng zusammen leben müssen, dürfen sie keiner bezahlten Beschäftigung nachgehen. Sie sagen, dass sie gern und stolz ihren Schmuck und ihre Trachten zeigen. In ihrem Heimatland seien sie verfolgt und sogar getötet worden. Auf die Frage, warum denn Eintritt gezahlt wird und wer dieses Geld bekommt, antworten sie uns nur mit einem verlegenen Lächeln.

Wir fragen vorsichtig dann doch noch, ob wir im Dorf fotografieren dürfen. Grinsend sagen die Damen selbstverständlich und zupfen ihre Trachten zu recht.

 
Wir könne schwer sagen, inwieweit die Aussagen der Damen ehrlich sind oder ob dies ihnen so „empfohlen“ wurde. Unser Eindruck: Dörfer sehen ursprünglich aber sauber und gepflegt aus, die Menschen lächeln und lachen, erzählen gerne. Es gibt keine Zäune oder gar Bewacher um das Dorf. Leider können wir auch nicht einschätzen ob die Frauen den Halsschmuck tatsächlich gerne tragen oder sie es als Belastung empfinden.

Entlang der Grenze zu Myanmar
Schilder weisen uns darauf hin, dass es unglaubliche 762 Kurven bis nach Pai sind.
Und tatsächlich geht es die ganze Zeit rauf, runter, links rechts weil die Gegend so hügelig ist. Zum Glück haben wir eine Servolenkung, sonst hätte ich jetzt Oberarme wie Popeye. In Pai werden wir mit lustigen T-Shirts wie z. B. „I made it to Pai  -762 curves“ empfangen.
Das spezielle Pai - Flair wird komplett vermarktet.

Der Ort ist total schön und kuschelig, ja man bekommt das Gefühl alle haben sich ganz dolle lieb. Es herrsch ein wenig Hippi flair.
 
 
Weiter geht die wilde Fahrt durch die grüne Landschaft bis nach Mae Hong Son. Der alte Ortskern legt sich um einen schönen See. Wir fragen die Touristenpolizei, ob wir direkt an der Uferpromenade stehen dürfen.
Mustafa bedankt sich beim Polizisten, weil wir an der Seepromenade campieren dürfen.


Selbstverständlich dürfen wir bleiben und Jonas wird zum täglichen Fitnesstraining von einem sehr freundlichen Polizisten abgeholt.
Jonas beim Frühsport im Polizei Fitness Center.

Der Ort ist sehr entspannt, ruhig und lädt zum Verweilen ein.
Blick aus unserem Fenster. Morgenstimmung mit Nebel.


Jonas vor einem Kindergarten.

Yoga im Morgengrauen am See.

Typischer Wochenmarkt.

Diese Chillies bringen die Augen zum Glänzen.
 
Noch durch ein paar Dörfer und dann geht es nach Osten, zurück nach Chiang Mai. Diese Rundtour war wirklich sehr schön, hat uns großen Spaß gemacht.

 

Die Regierung versucht seit ein paar Jahren Nordthailand im eigenen Land bekannter zu machen und zu vermarkten. Das merkt man an den überwiegend sehr guten Straßen, aber leider auch den „Schaudörfern“. Trotzdem auf jeden Fall eine Reise wert!
 
Ja, am Abend wird es richtig kühl.
 

1 Kommentar:

  1. Koennen uns nicht vorstellen dass die metallenen Halskrausen eine der Besten menschlichen Erungenschaften ist. Dem weiblichen Schoenheitsideal leistet es auch keinen Vorschub. Gesundheitsfoerdernd wird der Metallring wohl auch kaum sein?

    Habt ihr schon herausgefunden was die Kuttentraeger persoenlich zur Selbstversorgung beitagen ausser um Almosen zu betteln. Gebete runterleiern fuellen selten den leeren Magen, oder bin ich da im Irrtum?

    Minderheiten sind aber kein ausgesprochen asiatisches Problem, siehe Kaernten/Slowenen, Spanien/Basken, Tuerkei/Kurden, USA/Indianer/Afro-Amerikaner u.a. Und als die gebaeuchlichste Loesung wird meistens die Ausrottung bevorzugt, und die Kuttentraeger in all den verschiedensten Farben und Glauben haben mit ihrem gebeterunterleiern das Morden nicht aufgehalten.

    Dessen ungeachtet geht das Leben trotzdem weiter, und wie ihr bewiesen habt mit Einfuehlungsvermoegen auch ohne halsabscheiden.

    Es gruessen die Leute von der Stadt am Meer.

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Danke für deine Nachricht.
Liebe Grüsse, die Özis