Sonntag, 7. Oktober 2012

Fahrt durch das Altai


08.09.212 -13.09.12 Fahrt durch das Altai: Ölgii nach Bayanhongor

Natürlich verlassen wir Ölgii wieder fast mit dem gleichen Wetter, wie wir hier angekommen sind. Es regnet!
Jetzt geht es los. Wir versuchen in ca. einer Woche von Ölgii ganz im Westen der Mongolei nach Bayanhongor in der Zentralmongolei zu fahren. Gleich am Ortsende von Ölgii endet der Teer und das wird auch so die nächsten Tage bleiben. Wir fahren auf Naturpisten, die am Anfang sandig uns steinig sind, oder bei Regen eben matschig.

Der Regen folgt uns - und: wo ist die beste Durchfahrt?

Im Altai lebt man sehr abgeschieden

Alle Pisten verzweigen sich immer wieder zigfach, bis zu 15 Spuren. Am Anfang sind wir noch unsicher, welcher Spur wir folgen wollen, denn gerade die am Rand weichen oft Kilometer von der Hauptroute ab um dann nach einem Umweg oder auch einer Abkürzung wieder mit der Hauptroute zusammen zu kommen. Unser Navi zeigt eine Route an, die wir nur als grobe Orientierung und Richtungsbestimmung hernehmen können. Denn nicht selten ist die Naviroute wegen Regen oder Schnee nicht mehr passierbar und die Fahrzeuge haben sich einfach einen anderen Weg in der Weite gesucht.

Ene mene Muh - welche Piste darf´s denn sein?

Schreckliches Wellblech

Es ist zu Beginn hügelig, wir kommen an Seen vorbei und die schneebedeckten Berge kommen immer näher. Die Pisten sind dann gerade auf den Pässen und an den Rändern der Seen sehr nass und matschig. Immer öfter müssen wir Flüsse queren oder matschiges Marschland durchfahren. Der 4x4 kommt immer öfter zum Einsatz. Bevor wir furten geht die Petra oder ich meist barfuß durch den eiskalten Fluss, um die Tiefe und den Untergrund zu prüfen. Manchmal ist der Untergrund im Bach zu weich, dass wir Angst haben darin uns einzugraben. Deshalb gilt es gleich bei der Einfahrt den 4x4 einzuschalten und mit genügend Schwung die Furt zu nehmen. Aber das geht oft nicht so einfach, weil zu erst ein hoher Absatz in den Fluss überwunden werden muss.

Wieder einmal durch einen Fluss

Wenn eine Brücke, dann so - deshalb durch die Flüsse...

Ein Rastplazt

Im Matsch sehen wir tiefe Spuren von anderen Fahrzeugen oder Gräben wo sich LKWs eingegraben haben. Unser Nissan macht das aber super. Gerade mit Allrad hat er richtig viel Kraft und pflügt unsere 3.5 Tonnen sicher durch das schwierige Terrain.
Wir bewegen uns auf bis zu 2.800m und die Wolken scheinen den Boden fast zu berühren. Die Landschaft ist unglaublich schön. Riesige Ebenen erstrecken sich bis zum Horizont wo meist schneebedeckte Berge einen Rahmen bilden. Auf den Pässen ist meist eine Steinpyramide aufgerichtet. Darin steckt ein langer Holzpflock mit bunten Tüchern. Auf den Steinen liegen Geld, kleine Gebetsmühlen, Tierknochen, Kinderkleidung und Flaschen. So ein religiöser Ort heißt Ovoo. Die Fahrer halten hier, umkreisen den Ovoo im Uhrzeigersinn und beten für eine gesunde Fahrt. Oft wird Geld gespendet oder mit Wodka dem Glück auf die Sprünge geholfen. Selbstverständlich halten wir auch an diesen Stellen, schreiben alle Drei fleißig Zettelchen und stecken diese unter die Steine. Jonas legt meist noch einen schönen Stein darauf, so dass das Glück uns treu ist.

Ein Ovoo bringt Glück

Jonas malt am Ovoo seine Abenteuer - Nomaden schauen dem Künstler über die Schulter

Jonas baut sich einen eigenen Ovoo

Es ist unglaublich wenig Verkehr auf dieser wichtigen Hauptverbindungstrecke nach Osten. Meist sehen wir über Stunden kein Fahrzeug oder Menschen. Aber am meisten sind wir davon verblüfft, dass in der Nacht anscheinend mehr LKWs fahren als am Tage. Für uns unvorstellbar, da der Zustand der Pisten sich ständig ändert und viele Matsch- und Feuchtgebiete die Fahrt zum Risiko machen. Jeden Tag sehen wir dann am Tage die festgefahrenen LKWs, die extrem Beladen keine Chance haben sich aus der misslichen Lage zu befreien. Dann kommen andere LKWs und die Ladung wird umgeladen oder Umgepumpt. Warum sie dieses Risiko eingehen können wir uns nur so erklären, weil die Entfernungen so unglaublich groß sind und die Waren sonst doppelt so lange, also bis zu 2-3 Wochen unterwegs währen.
Große Steigungen, hohe Absätze, tiefe Löcher, Flussbette mit Sand, ewig lange Wellblechpisten, unzählige Schlaglöcher und Baustellen sind unsere tägliche Herausforderung. Der starke kalte Wind schleift die Steine am Boden richtig scharf. Man muss unglaublich aufpassen, damit man sich nicht die Reifen aufschlitzt. Unzählige Reifen zieren die Pisten.

Traumlandschaft

Nach den Bergen wird es langsam wieder breiter und steppenartiger. Haben wir ganz im Westen große Yak Herden und dicke Murmeltiere gesehen sind es jetzt Kühe, Schafe, Kamele und kleine Erdhörnchen die sich mit uns die Natur teilen. Aber in der ganzen Mongolei sehen wir unglaublich viele Greifvögel. In den Bergen und im Altai sind es meist riesen große Adler die auch oft neben der Piste sitzen und in den Städten die kleineren Verwandten, die Milane.

Sitzblockade

Wo sind meine Yaks?

Wo schlafen wir? Die Frage stellt sich eigentlich in der Mongolei nicht, denn es gibt Platz, viiieeeel Platz. Man kann sich hinstellen wo man will. Es gibt keine Zäune, keine Straßen, kaum Dörfer also niemanden den man stören könnte. Mit etwa 2 Einwohner / km² ist die Mongolei eine der am wenigsten Besiedelten Länder der Welt. Wenn man bedenkt, dass von den 2,4 Millionen Einwohnern ca. 1 Million in Ulaan Bator wohnen, bleibt gerade mal 1 Einwohner / km². Und manchmal findet gerade dieser eine Mongole den Stellplatz den man sich ausgesucht hat und bringt einem Käse und Milch (meist vom Kamel, Stute oder Ziege). Einmal kommt aus dem nichts ein Junges Pärchen auf dem Mopen vorbei. Sie sprechen leider kein Wort Englisch. Schauen, lachen und fahren plötzlich wieder. Nach 30min erscheinen sie wieder, vollgepackt mit hartem Käse und einem Eimer frischer Kamelmilch. Natürlich schenken wir immer etwas zurück. Am besten kommen Fotos an, und zwar ihre eigenen, die wir mit unserem kleinen Drucker vor Ort schnell ausdrucken. Die Freude ist immer riesig, manchmal auch zu viel, weil dann noch andere Familienmitglieder geholt werden und Pemujo sich in ein Fotostudio verwandelt.

Unsere Besucher: Jung und...

...ganze Familien

Und immer gut drauf!


Vor allem die absolute Stille in der Nacht ist für uns neu, aber sehr schön. Kein Kunstlicht stört den schönen Sternenhimmel. Alles ist einfach spitze.

Steppe bei Nacht

Wasser bekommen wir in so genannten Wasserhäusern. In den Dörfern aber auch Städten gibt es ein Wasserhaus. Entweder erkennt man es daran, dass ein langer schwarzer Schlauch aus einem kleinen Fester hängt und die Erde nass ist oder man entdeckt Menschen mit Eimern oder Handwagen, die das Wasser nach Hause tragen.

Beim Wasser organisieren

Essen gibt es in kleinen Supermärkten. Die verstecken sich meist in normalen Wohnhäusern und sind nur durch kleine Werbetafeln oder durch Menschen mit Tüten zu erkennen. Gemüse gibt es wenig, und wenn dann nur kleine überreife Gurken, Karotten oder Kartoffeln.
Wir benötigen bis Bayanhongor 6 Tage, obwohl wir jeden Tag von ca. 9 Uhr bis ca. 19 Uhr fahren. An manchen Tagen schaffen wir gerademal 90 km. Die Pisten verschleißen uns und vor allem Pemujo. Zum Glück hält alles.


3 Kommentare:

  1. Mal wieder ganz großartige Bilder und mit euren Schilderungen kann man sich so richtig rein versetzen und ein bisschen träumen ...
    Liebe Grüße aus Bayern
    Otto

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  2. Irgendwie bin ich verwirrt, glaube mich erinnern zu koennen dass ihr schon in Ulan Bator gewesen seid?
    Nun soll es nach dieser wilden Fahrt nochmals dahin gehen? Habe versucht das Ganze im Atlas und Karte zu verfolgen. Astana, die neue Hauptstadt von Kazachstan ist in meinem deutschen Knaur-Atlas von 1991 nicht drin, wogegen Oelgiy, ein sogennantes Kuhdorf in der Mongolei zu finden ist.Tsetserleg ist auch mit Fettschrift vermerkt. Also, risikobereit seid ihr, das muss man euch lassen! Muffsausen bei so einer querfeldein Tour sollte eigentlich Normalitart sein. Ob soetwas auf Dauer immer gut geht wage ich zu bezweiflen.
    Wuenschen trotzdem weiterhin Erfolg und wenig Unannehmlichkeiten'
    Es gruessen die Leute von der Stadt am Meer.

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  3. Marcel Aschwanden19. Oktober 2012 um 23:03

    Hallo ihr wilden Özis.
    Aus dieser tollen Familie kenne ich wohl nur Petra. Ich wusste schon immer, dass die liebe Petra von aussergewöhnlichem angetrieben wird. Jedoch übersteigt eine solch verrückte Tour all meine Vorstellungen!
    Bin gerade mit meiner Partnerin nach einer längeren US-Reise durch 14 Staaten wieder in der Schweiz angekommen und stelle fest, dass wohl div. Reisesteigerungen noch vorhanden sind.
    Ich bewundere euren Mut und Ausdauer, denn auch wenn das Reisen immer wieder grosse Freude bereitet, kann eine Reisemüdigkeit entstehen. Und dies ist in eurem Reisebericht überhaupt nicht zu erkennen. Toll, ich freue mich echt für euch!
    Wollte mich schon lange einmal melden, werde dies aber Privat sobald wie möglich mit ein paar Fotos nachholen.
    Nun wünsche ich eine gute und sichere Weiterfahrt und dass ihr auch ja gesund am anderen Ende der Welt ankommt. Schliesslich würde ich mich in ein paar Monaten über eine Wiederbegegnung, mit vielen Erzählungen, echt freuen!
    Nun grüsse ganz herzlich deine wilde Familie,
    de Marcel aus Zürich

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Danke für deine Nachricht.
Liebe Grüsse, die Özis